Mit welcher Anbaumethode arbeitet die Solawi Groß-Umstadt?
Oft fragen uns Besucher oder Interessenten, nach welchen Kriterien wir unseren Acker eigentlich bewirtschaften. Auf welcher Grundlage entschieden wir, wie der Boden bearbeitet und was wo angebaut wird?
Die Antwort ist: Seit dem letzten Jahr betreiben wir „Biointensiven Gemüseanbau“. Das klingt zunächst widersprüchlich. „Bio“ und „Intensiv“? Normalerweise bringt man ökologische Landwirtschaft mit extensiver Flächennutzung in Verbindung. Andrerseits: Wenn das so wäre, dann hätten ja vielleicht die Bio-Skeptiker recht, die behaupten nur mit ökologischer Landwirtschaft ohne Spritzmittel und Kunstdünger könne man gar nicht genug Erträge erzielen, um alle Menschen zu ernähren. Glücklicherweise ist das nicht so! „Bio“ und „Intensiv“, also hohe Erträge auf kleinen Flächen, schließen sich keineswegs aus und das beweist das Konzept des „Mikrofarming“ oder „Marketgardening“, das wir auch als biointensiven Anbau bezeichnen.
Der biointensive Anbau ist bisher vor allem in Kanada, Japan und den USA bekannt, wo das Konzept seit den 1960er Jahren angewendet und weiterentwickelt wird. In Deutschland gibt es zurzeit mehr 20 solcher Kleinstbetriebe. Plus den unseren.
Im Kern zielt das System darauf ab, mit ökologischen Anbaumethoden auf Flächen von maximal einem Hektar möglichst hohe Erträge zu erzielen. Ein zentraler Baustein dieses Konzepts ist die Aufteilung der Fläche in feste Beete. Pro Anbaujahr und Beet sind bis zu vier Ernten verschiedener Gemüsesorten möglich, die in einer ausgeklügelten Fruchtfolge nacheinander angebaut werden. Vielfalt spielt eine große Rolle in diesem System. Im Schnitt bauen die Betriebe 30 bis 50 verschiedene Gemüsearten an. Die Pflanzabstände sind deutlich enger als im klassischen Freilandanbau. Das sorgt für mehr Ertrag und einen frühzeitigen Reihenschluss, der hilft, Unkraut zu unterdrücken.
Gemüsearten mit nur kurzer Kulturdauer wie z.B. Radieschen oder Kohlrabi werden vor oder nach der jeweiligen Hauptkultur angebaut. Flächen, die gerade gemüsebaulich nicht gebraucht werden (z.B. über Winter oder zwischen zwei Kulturen), werden mit Zwischenfrüchten oder Gründüngung eingesät. Ziel ist, dass der Boden nur so selten und kurz wie möglich ohne Pflanzendecke brach liegt, um Erosion durch Wind und Wasser und Nährstoffauswaschung zu verhindern. Gleichzeitig soll der Boden möglichst dauerhaft vielfältig durchwurzelt sein, damit das Bodenleben ausreichend Nahrung zur Verfügung hat.
Weiterer zentraler Baustein des biointensiven Anbaus ist eine aufwändige Kompostwirtschaft. Der Kompost ist die wichtigste Nährstoffquelle und trägt zum erwünschten Humusaufbau bei. Der Erhalt und die Förderung der Bodenfruchtbarkeit gelten als Schlüssel für einen erfolgreichen biointensiven Anbau. Der Kompost setzt sich in der Regel aus Ernteresten und Grüngut zusammen.
Bei Gemüsearten mit hohem Nährstoffbedarf wird zusätzlich auch Stallmist eingearbeitet. Ziel ist ein möglichst geschlossener Nährstoffkreislauf ohne Zukauf kommerzieller Düngemittel.
Wir kaufen unseren Kompost zur Zeit noch zu, wollen aber mittelfristig unseren eigenen Kompost herstellen.

Der größte Teil der Arbeit erfolgt per Hand, insbesondere das Hacken. Um die Erde nicht zu verdichten, dürfen die Beete nicht betreten oder befahren werden. In einigen Betrieben kommen spezielle Kleintraktoren zum Einsatz, deren Spurbreite genau zu den Beetabmessungen passt. So etwas haben wir leider (noch) nicht.
Das hört sich alles relativ einfach an, oder? In der Realität ist es ganz schön kompliziert. Allein die Planung der Fruchtfolgen in den einzelnen Beeten ist aufgrund der vielen Gemüsearten und den kurzen Kulturzeiten sehr aufwändig. Schließlich gilt es, möglichst lange Anbaupausen zwischen Gemüsekulturen gleicher Familien wie Kohl- oder Kürbisgewächsen einzuhalten, um einer Bodenmüdigkeit oder Krankheiten durch zu enge Fruchtfolgen vorzubeugen. Auch die Kompostwirtschaft und Düngung, die Technik der Bodenbearbeitung und die Optimierung der
Pflanzabstände bei den einzelnen Gemüsearten erfordern viel Know-how und Erfahrung und müssen optimal auf die jeweiligen Standortbedingungen abgestimmt sein.
Biointensiver Anbau ist also ein langer Lernprozess und wir stehen gerade am Anfang. Ich denke, das erklärt, warum nicht immer alles glatt läuft und nicht jede Kultur so gelingt, wie wir uns das erhofft haben. Ich denke, wir sollten dabei auch nie vergessen, dass wir als SOLAWI gerade mal im zweiten Aufbau Jahr sind. Im Schnitt rechnet man mit einer Aufbauzeit von ca. 5 Jahren.
Ich weiß nicht, wie es Euch damit geht, aber ich finde es total spannend!
Wenn Ihr mehr über biointensiven Anbau wissen wollt, schaut mal im Internet z.B. auf diese Seite:
https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/grundlagen-pflanzenbau/biointensivergemuesebau/
Außerdem stößt man bei der Recherche ziemlich schnell auf den „Gemüsegarten Hoxhohl“. Vivian Glover baut dort seit 2017 bio intensiv Gemüse an und gilt inzwischen in Deutschland als eine
absolute Fachfrau auf diesem Gebiet. Unsere Kerngruppe, Bengt und auch das Wasserteam waren bereits bei ihr zu Besuch, um sich beraten und inspirieren zu lassen. Wenn es Euch interessiert:
http://www.gemuesegarten-hoxhohl.de/index.html